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CTO im Interview: Dr. Konrad Mühler über Trends, Technologien und die Zukunft von ERP-Entwicklung

// 09.02.2024

„Stillstand ist Rückschritt“ lautet ein berühmtes Zitat vom Topmanager Rudolf von Bennigsen-Foerder. Um auch zukünftig erfolgreich zu sein, setzt die SelectLine Holding daher klare Signale und erweitert ihre Führungsebene. Neben Andreas Richter, Geschäftsführer der GDI sowie fortan zusätzlich COO der SelectLine Holding, verstärkt Dr. Konrad Mühler die Holding als CTO. Mühler war zuvor fast ein Jahrzehnt lang Entwicklungsleiter der SelectLine Software GmbH. In unserem Interview gewährt der erfahrene IT-Experte Einblicke in die Visionen und Schwerpunkte des Unternehmens. Mit einem ganzheitlichen Blick auf die aktuell aus acht Gesellschaften bestehende Holding, setzt er klare Ziele: die technologische Modernisierung vorantreiben und Synergien über alle Tochtergesellschaften hinweg schaffen. Die Fokussierung auf ERP-Softwareentwicklung, geprägt von Stabilität und Langfristigkeit, steht dabei immer im Mittelpunkt. Zudem erläutert er, warum die Auswahl der richtigen Entwicklungssprache, agile Methoden und die fortschreitende Cloud-Entwicklung entscheidend für den Erfolg der SelectLine Holding sind.

Dr. Konrad Muehler

Als CTO hat man, anders als Entwicklungsleiter einer einzelnen Gesellschaft, den Blick auf die komplette Holding mit all ihren Gesellschaften. Und da sind mir zu Beginn meines Weges als CTO zwei Dinge sehr wichtig: Dass wir uns technologisch weiter modernisieren und dass wir Synergien im technologischen Bereich über mehrere Gesellschaften hinweg finden.

In all unseren Gesellschaften spielt die Entwicklung von Software im ERP-Umfeld die zentrale Rolle. Und in allen Gesellschaften haben wir viele kluge Köpfe. Hier gilt es herauszufinden, was man gemeinsam angehen kann und welche Themenbereiche bearbeitet werden können, die allen Gesellschaften gleichermaßen zugutekommen. Das kann im Bereich der KI oder auch der Cloud sein – um nur zwei Beispiele herauszugreifen.

Und unabhängig von solch übergreifenden Themen ist es mir wichtig, dass wir uns in allen Bereichen kontinuierlich modernisieren. Das ist natürlich eine Aufgabe, die nicht erst jetzt beginnt – das ist ein Prozess, der in den Gesellschaften schon länger läuft. Aber wir müssen diesen Weg kontinuierlich weiter gehen und hier hoffe ich, meine Erfahrung aus 10 Jahren Entwicklungsleitung bei SelectLine in Magdeburg auch als CTO bestmöglich einbringen zu können.

„Die Entwicklung von ERP-Software ist vor allem durch Langfristigkeit geprägt. ERP-Software muss auch noch in 10 oder 20 Jahren stabil laufen. Die Kunden investieren einiges, um ein so zentrales Element wie eine ERP-Software in ihrem Unternehmen einzuführen – da sind Konstanz, Verlässlichkeit und Stabilität sehr wichtig.“

Dr. Konrad Mühler, CTO bei der SelectLine Holding

Was ist deiner Meinung nach das Beson­dere am Thema ERP-Entwick­lung, was macht eine gute ERP-Entwick­lung aus?

Die Entwicklung von ERP-Software ist vor allem durch Langfristigkeit geprägt. ERP-Software muss auch noch in 10 oder 20 Jahren stabil laufen. Die Kunden investieren einiges, um ein so zentrales Element wie eine ERP-Software in ihrem Unternehmen einzuführen – da sind Konstanz, Verlässlichkeit und Stabilität sehr wichtig.

Daher ist man in der Entwicklung von ERP-Software auch nicht so sehr auf den kurzfristigen Erfolg mit einem neuen Feature, einem neuen Modul fokussiert. Man investiert viel mehr Zeit in Überlegungen zu einer zukunftsfähigen Software-Architektur und auch in Tests. Das Testing ist beispielsweise bei SelectLine über die Jahre immer professioneller geworden. Es wird inzwischen sehr viel automatisch getestet und mit dem eigenen Testteam wurde eine Professionalität erreicht, die besonders im Kundenfeedback zu spüren ist: In den letzten Jahren werden immer weniger Fehler gemeldet.

Und wohin geht der aktuelle Trend im Bereich der Ent­wicklung?

Der Trend geht schon länger in Richtung Cloud. Aber nach den ersten großen Hypes muss man das inzwischen differenzierter sehen. In der Cloud ist auch nicht alles Gold, was glänzt und um die viel gepriesene Sicherheit der Daten ist es auch nicht immer besser bestellt als in der eigenen lokalen (OnPremise) Umgebung – wie vermehrte Sicherheitslecks und Datenabflüsse bei den großen Cloud-Anbietern zeigen. Das alles ist im Unternehmenskontext natürlich besonders wichtig und wir spüren hier den vermehrten Wunsch der Kunden, nicht alles zu 100% in die Cloud packen zu wollen. Vielmehr ist eine hybride Lösung gewünscht, bei der einzelne Dienste zwar in der Cloud genutzt, andere aber auch weiter lokal betrieben werden.

„Der Trend geht schon länger in Richtung Cloud. Aber nach den ersten großen Hypes muss man das inzwischen differenzierter sehen.“

Dr. Konrad Mühler, CTO bei der SelectLine Holding

Früher wurde viel in Delphi program­miert, inwiefern beein­trächtigt das die Arbeit heute?

Damit wir uns richtig verstehen: Delphi ist eine tolle Programmiersprache. Ich selbst habe meine ersten Schritte im Windows-Umfeld mit Delphi gemacht. Aber die Welt entwickelt sich weiter und heute muss man ehrlich anerkennen, dass Delphi nicht mehr allen Anforderungen an moderne Anwendungen gerecht werden kann. Gerade auch im hybriden Umfeld aus Cloud-Diensten, APIs, Webanwendungen und mehr. Delphi ist eine Programmiersprache für den Desktop. Und ausschließlich dafür. Wenn wir hier also neue Wege gehen wollen, müssen wir auf Alternativen zu Delphi bauen.

Ein anderer Umstand beeinträchtigt uns hin Hinblick auf Delphi aber noch mehr: Die Entwickler, die mit Delphi groß geworden sind und es perfekt beherrschen, werden immer älter und verlassen uns nach und nach in Richtung Rente. Neue Delphi-Entwickler mit Erfahrung zu finden ist in der aktuellen Lage schier ein Ding der Unmöglichkeit. SelectLine beispielsweise bildet zwar sehr umfangreich neue Entwickler aus – aktuell sind es neun duale Studenten und Azubis – aber diese wollen natürlich neue, moderne Technologien erlernen und einsetzen.

Der Weg führt also weg von Delphi. Aber wie erfolgt die Ent­schei­dung für eine alter­native Entwicklungs­sprache beziehungs­weise ­-sprachen?

Die Entscheidung ist schon lange gefallen. Bereits vor mehr als 10 Jahren haben wir bei SelectLine begonnen, neue Funktionalitäten nur noch in C# zu entwickeln. Für Desktop-Anwendungen kommt dabei meist ein WPF-Frontend zum Einsatz. Und wenn es um die webbasierten Module geht, also die, die man direkt im Browser bedienen kann, dann setzen wir da schon seit einigen Jahren auf Angular und Typescript. Manchmal auch auf Ruby on Rails und ASP.NET.

Und zur Frage, wie man zu so einer Entscheidung kommt: Es ist ein evolutionärer Prozess. Man setzt sich nicht eines Morgens hin und sagt: „So, ich habe hier 20 Programmiersprachen, welche nehme ich denn mal?“ und analysiert dann. Zumindest war es bei uns nicht so. Wir haben viele schlaue Köpfe bei SelectLine. Und die schauen natürlich auch stetig über den Tellerrand, fahren zu Konferenzen, entwickeln persönliche Vorlieben. So bekommt man als Gruppe mit der Zeit ein sehr gutes Gefühl dafür, was gut zu einem selbst und vor allem auch gut zum Unternehmen passt. SelectLine ist auch seit über 10 Jahren Microsoft GOLD Partner für Application Development. Da liegen gewisse Dinge auf der Hand. Zum Beispiel, dass man eher zu C# und Visual Studio tendiert als zu Java und Eclipse.

„Wir haben uns über die Zeit aus dem Pralinenkasten der agilen Möglichkeiten die Rosinen rausgepickt, die für uns passen.“

Dr. Konrad Mühler, CTO bei der SelectLine Holding

Welche Ent­wicklungs­methode hat sich für dich und dein ‚‚ehemaliges” Entwick­lungs­team bewährt? Und warum?

Wir haben sehr von den, nun auch schon nicht mehr ganz so neuen, agilen Entwicklungsmethoden profitiert. Wobei wir da nicht der reinen Lehre folgen. Wir machen zum Beispiel kein Scrum. Ich sage gerne: Wir haben uns über die Zeit aus dem Pralinenkasten der agilen Möglichkeiten die Rosinen rausgepickt, die für uns passen. Wir haben bei SelectLine sechs Entwicklungsgruppen. Was die Wahl der Arbeitsweisen und Methoden angeht, habe ich als Entwicklungsleiter den Gruppen immer weitereichende Freiheiten gelassen. Sie konnten und können sich da sehr frei ausprobieren und experimentieren. Nur so kommt man voran und findet heraus, was für bestimmte Situationen und Aufgaben am besten passt. Es gibt nur drei zentrale Vorgaben, die für alle gleich sind:

  1. Es muss AzureDevOps als firmenweites Managementsystem hinter allen Prozessen vom Ticket bis zum fertigen Build genutzt werden.
  2. Es muss in Sprints gearbeitet werden, wobei die Länge von der Gruppe selbst bestimmt wird.
  3. Am Ende jedes Sprints muss es ein Review der Gruppe geben, in der sie ihre Ergebnisse firmenweit präsentiert. Das trägt zur Transparenz bei und auch zur Wissensweitergabe und Sichtbarkeit, was „die anderen“ Gruppen da eigentlich so machen.

Was ist der größte Irr­glaube über solch agile Methoden?

<lacht> Ja auch da haben wir einiges lernen müssen – und lernen immer noch. So ist es ein Irrglaube, dass mit agilen Methoden alles schneller geht. Das tut es nicht. Es geht nur anders. Ein großer Vorteil ist wirklich die Dynamik – dass man Sprint für Sprint neue Entscheidungen treffen, Prioritäten ändern und nicht zwingend einen einmal eingeschlagenen Weg stoisch zu Ende gehen muss, bevor man etwas anpassen kann. Was nicht heißt, dass wir nicht auch große und lange laufende Projekte bei SelectLine hätten – aber durch die agile Kleinteiligkeit kann man diese viel besser planen und auch während der Entwicklung Korrekturen vornehmen.

Ein zweiter Irrglaube ist für mich persönlich die weitgehende Ablehnung von Dokumentationen im agilen Umfeld. „Funktionierende Software über umfassende Dokumentation“ ist ja eines der agilen Grundprinzipien. Das mag in kleineren, kurzlebigeren Projekten funktionieren. Beispielsweise, wenn man in einem Projekt für einen Kunden eine Software entwickelt und das Projekt nach einem Jahr endet und man die Software danach nie wieder sieht – dann steht wirklich die funktionierende Software im Vordergrund. Aber wenn man so wie wir bei SelectLine über Jahrzehnte im Grunde ein Produkt entwickelt, es evolutionär vorantreibt, dann ist es sehr wichtig, eine passende begleitende Dokumentation zu haben. Und dann gehört es für mich auch zur Entwicklung dazu, eine solche Dokumentation zu verfassen. Denn oft wird, nicht nur bei uns, das Wissen eher im Stile eines Lagerfeuers mündlich von Entwickler zu Entwickler weitergegeben. Und wenn man wie wir bei SelectLine (zum Glück!) sehr loyale Entwickler hat, die uns über Jahre und Jahrzehnte begleiten, dann ist der Schmerz vielleicht auch nicht so groß, keine passende Dokumentation zu haben. Man hat ja den Kollegen immer bei der Hand, der einem alles erklären kann. Aber besonders nachhaltig ist das nicht. Und daher liegt mir schon länger viel an einer guten Dokumentation aus Entwicklersicht – die Entwickler können sicher inzwischen schon ein Lied von meinen nervenden Nachfragen singen.

Und wohin geht die Reise für dich und die SelectLine in den kommenden Jahren?

Für mich persönlich beginnt ja gerade erst ein neuer Weg bei der SelectLine Holding. Da liegt natürlich noch viel im Nebel – aber ich liebe Wanderungen und das tolle Gefühl, plötzlich aus dem Nebel herauszutreten und bei blauem Himmel in die Ferne schauen zu können. Das wird sicher auch mit meinem Weg als CTO der Holding in der nächsten Zeit passieren. Da freue ich mich sehr drauf.

Was die SelectLine als Unternehmen angeht, so bin ich da sehr optimistisch, dass wir den Weg der technischen Modernisierung erfolgreich weiter gehen werden. Die Kunden verlassen sich darauf, dass sie von der SelectLine auch in 10 Jahren und länger eine stabile, moderne und für sie perfekt passende ERP-Lösung haben werden.


Hannah Görges

Hannah Görges

Hannah unterstützt bereits seit 2017 die SelectLine Software GmbH als Manager Marketing Services. Hier begleitet sie Veranstaltungen, betreut die Social Media Kanäle und kümmert sich um die Contenterstellung. Als Bildjournalistin versteht sie es nicht nur, Inhalte textlich aufzubereiten, sondern auch gleich mit den passenden Bildern zu untermalen. Als Freelancerin veröffentlichte sie ihre Arbeiten bereits in nationalen und internationalen Magazinen und Zeitungen. In ihrer Freizeit tauscht sie die Kamera regelmäßig gegen einen blau-weißen Fanschal und unterstützt den 1. FC Magdeburg im Stadion.



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